Mehrseillängen-Klettern in Sant Llorenç de Montgai – zauberhafte Landschaft inklusive!
Klettern in Sant Llorenç de Montgai verbindet grandiose Ausblicke auf Felsen und Wasser mit gut abgesicherter Mehrseillängenkletterei. Und ein After-Climb-Bier auf der sonnigen Terrasse der Bar ist auch noch drin.
Und das Beste ist: Der Ort strahlt etwas Besonderes aus – ich habe mich sofort in die zauberhafte Landschaft verliebt.
Klettern in Sant Llorenç de Montgai war die erste Station unseres Herbstkletterurlaubs in Katalonien. Das Gebiet gehört zur Kletterregion Lleida. Ausgewählt haben wir es wegen der vielen Mehrseillängen bis 6a+, die uns im Kletterführer „Lleida Climbs“ entgegenlachten.
Klettern in Sant Llorenç de Montgai – die Rahmenbedingungen
Die Felsen von Sant Llorenç de Montgai sind im Kletterführer:
- „Lleida Climbs“ – 3. Auflage 2019: 22 Klettergebiete mit fast 3.900 Wegen
enthalten und bieten Sportklettersektoren und Mehrseillängenrouten mit Schwierigkeiten bis 6a+. Wir sind dort aber nur Mehrseillängen geklettert, so dass ich vom Sportklettern nichts berichten kann.
Laut Kletterführer kann man sich an den von uns gekletterten Routen entweder direkt über die Route oder über eigens eingerichtete Abseilpisten abseilen. Vor Ort haben wir gesehen, dass einheimische Kletterer oben ausgestiegen sind und sich zu Fuß entfernt haben. Das scheint also auch möglich zu sein.
Wir sind immer mit 50 Meter langen Doppelseilen geklettert, da wir uns jedes Mal abgeseilt haben.
Die Absicherung ist ausreichend, aber die Mehrseillängenkletterei bis 6a+ in Sant Llorenç de Montgai ist wahrlich nicht übersichert. Sie war gut ausbalanciert: In den leichteren Passagen waren die Hakenabstände etwas weiter, in den schwierigeren lagen die Sicherungspunkte dichter beieinander. Klemmkeile und Friends werden nicht benötigt.
Sehr angenehm beim Klettern in Sant Llorenç de Montgai ist, dass die Standplätze immer mit zwei Haken ausgestattet sind. Die Abseilpunkte sind in der Regel zusätzlich mit einer Kette verbunden.
Eine Besonderheit spanischer Kletterführer ist die Angabe der Schwierigkeitsgrade. Ab dem 6. französischen Grad wird die französische Skala verwendet. Darunter werden die Schwierigkeitsgrade in römischen Ziffern angegeben, manchmal ergänzt durch ein „+“ oder ein „-„. Es gilt:
- IV- bedeutet 4a nach der französischen Skala (4+ UIAA)
- IV bedeutet 4b nach der französischen Skala (5- UIAA)
- IV+ bedeutet 4c nach der französischen Skala (5 UIAA)
- V- bedeutet 5a nach der französischen Skala (5+ UIAA)
- V bedeutet 5b nach der französischen Skala (6- UIAA)
- V+ bedeutet 5c nach der französischen Skala (6 UIAA)
Für Kletterer, die weit unter ihrer Leistungsgrenze klettern, mag dies unerheblich sein. Für Kletterer, die an ihrer Leistungsgrenze sind, ist es jedoch wichtig, sich darüber im Klaren zu sein. Gerade wegen der etwas weiteren Absicherung empfehle ich, eher unterhalb der persönlichen Leistungsgrenze zu klettern.
Mehrseillängen bis 6a+ – unsere Routenauswahl
Im Sektor La Formiguera befinden sich mehrere Mehrseillängenrouten mit maximalen Schwierigkeitsgrad 6a+ kletterfreundlich nebeneinander. Problemlos können mehere Routen nacheinander geklettert werden.
Wir sind dort insgesamt sieben Touren mit 2 bis 4 Seillängen bis maximal 100 Meter geklettert:
- La Cola (6a) – 75 m, 2 SL – L1: 6a, L2: V+
- Memoria Selectiva (V) – 75 m, 3 SL – L1: IV, L2: V, L3: V
- Via Normal (IV+) – 100 m, 3 SL – L1: III+, L2: IV, L3: IV+
- Martinetti (V+) – 100 m, 4 SL – L1: IV, L2: IV+, L3: V, L4: V+
- Via Lo Pep (V+) – 90 m, 3 SL – L1: IV, L2: V/V+, L3: V/V+
- Catefer (V) – 40 m, 2 SL – L1: V, L2: V
- Garrets Eusebia (6a) – 90 m, 3 SL – L1: V+, L2: 6a, L3: V+
Meistens stimmten die angegebenen Schwierigkeiten für uns, aber manchmal hatten wir eine andere Einschätzung. Das mag daran liegen, dass wir natürlich jede Route onsight geklettert sind, aber so geht es wohl den meisten Klettertouristen, die zum Klettern in Sant Llorenç de Montgai sind.
In der ersten Seillänge von La Cola warteten wir die ganze Zeit auf die 6a-Stelle, die aber nicht kam. Wir haben die erste Seillänge eher als IV eingestuft. In der zweiten Seillänge stimmt die Bewertung.
Dafür fanden wir beide die Catefer etwas haarig, sie wehrte sich gegen unsere Bemühungen. Oben sind wir trotzdem angekommen, aber zumindest onsight könnte da locker auch 6a draufstehen.
Auch in anderen Sektoren gibt es entsprechende Mehrseillängen, aber nicht in so großer Zahl auf engstem Raum wie im Sektor La Formiguera.
Infrastruktur
Der Ort Sant Llorenç de Montgai ist nicht groß und ich tue ihm wahrscheinlich nicht unrecht, wenn ich ihn als verschlafen bezeichne. Angenehm verschlafen, denn diese Entspanntheit überträgt sich sofort. Man schaltet automatisch einen Gang zurück.
Für Kletterer ist die größte Attraktion natürlich die Felslandschaft, die bei optimaler Unterkunftswahl sogar zu Fuß erreichbar ist. Dank der Bahnstation im Ort wäre sogar eine völlig autofreie Anreise und Fortbewegung vor Ort denkbar.
Die Lage am Stausee rundet das Postkartenpanorama ab. Was Sant Llorenç de Montgai an schönen Aussichten hat, fehlt ihm an Infrastruktur. Es gibt weder einen Supermarkt noch eine Bäckerei, dafür aber einen Campingplatz mit Restaurant und ein Bar-Restaurant mit Aussichtsterrasse auf den Stausee, wo sich Einheimische, Kletterer und Touristen treffen.
Die Seeterrasse lädt zum Verweilen ein. Und wer nach einem langen Klettertag noch nicht genug hat, kann sich unterhalb der Terrasse im Mini-Klettergarten die Finger langziehen, während er auf das Essen wartet.
Apropos Essen mit Aussicht: In der Mittagszeit, also zwischen 13 und 15.30 Uhr, kann man à la carte bestellen oder ein günstiges Mittagsmenü genießen. Letzteres besteht aus drei Gängen inklusive Wein oder Bier und Wasser. Der Kaffee danach kostet extra. Neben dem Menü ist auf jeden Fall die Paella zu empfehlen. Abends gibt es ab 19 Uhr Tapas.
Oder man schnappt sich die Mappe mit den Kletterrouten, die im Regal neben dem straßenseitigen Eingang ausliegt. Darin kann man wunderbar die neuen Erschließungen durchblättern: Handgezeichnete Topos aus den 70er Jahren stehen neben modernen Computerausdrucken und Fototopos.
Beim Übernachten hat man die Wahl zwischen Campingplatz oder Ferienwohnung. Als Selbstversorger muss man trotzdem nicht verhungern, denn nur wenige Kilometer entfernt liegt Balaguer mit mehreren Supermärkten. Dort gibt es auch einige Cafés, Restaurants und eine Altstadt, die zum Bummeln einlädt.
Im Zentrum von Sant Llorenç de Montgai gibt es Ferienwohnungen mit Blick auf den Stausee. Von dort aus kann man sowohl zu Fuß zu den Felsen als auch zur örtlichen Kneipe gehen. Wer sich vorher im Supermarkt des Nachbarortes Balaguer mit dem Nötigsten eingedeckt hat, kann ein paar autofreie Klettertage genießen.
Fazit – Klettern in Sant Llorenç de Montgai
Es war unsere erste Kletterstation in Katalonien und es hat sich auf jeden Fall gelohnt. Das Gesamtpaket Klettern in Sant Llorenç de Montgai überzeugt: Grandiose Felsen in einer zauberhaften Landschaft und mit der (Kletter-)Bar ausreichend Infrastruktur vor Ort.
Sant Llorenç de Montgai: Auf jeden Fall eine gute Wahl für ein paar Tage Kletterspaß Klettern in Katalonien.
Und hier gibt’s noch mehr Infos zum Klettern in Katalonien.
Hardfacts für eilige Lesende
Kletterführer: Der Kletterführer „Lleida Climbs – 3. Auflage 2019: 22 Klettergebiete mit fast 3.900 Wegen“ hat uns beim Klettern in Sant Llorenç de Montgai bestens mit Informationen versorgt.
Kletterangebot: Großes Angebot an Sportkletter- und Mehrseillängenrouten, davon einige im Bereich bis 6a+.
Material: Da in den Mehrseillängen oft über die Routen oder spezielle Abseilpisten abgeseilt wird, sind Doppelseile empfehlenswert.
Infrastruktur: In Sant Llorenç de Montgai befindet sich am Ortseingang ein Campingplatz mit Restaurant. Im Ort gibt es mehrere Ferienwohnungen und ein Bar-Restaurant mit Aussichtsterrasse. Vom Ort aus sind zahlreiche Felsen zu Fuß erreichbar. Etwa 8 km entfernt liegt Balaguer mit mehreren Supermärkten, Bäckereien und einer großen Auswahl an Restaurants.
